Mittwoch, 16. September 2009

Alle Jahre wieder...

Die große Bundestagswahl rückt immer näher und näher. Und ich lehn mich zurück und schau mir in Ruhe den Wahlkampfendspurt an. Briefwahl hat in sofern einen Vorteil. Ich werde nicht übernächsten Sonntag sauer in eine Wahlkabine stolpern und aus lauter Frustration ein Kürzel ankreuzen, von dem ich noch nie etwas gehört habe, nur weil die anderen Parteien so... so... blöd sind.

Angefangen hat für mich der Wahlkampf als meine Mutter anrief und sagte es wäre Post von der FDP Meerbusch oder Krefeld (oder wo auch immer diese komische Zentrale nun liegt) für mich gekommen: "Du... du Verräterin.", sagte sie. Ich musste lachen. Frage mich allerdings immernoch woher die meine Adresse haben.

Weiter ging es mit vielen, vielen Plakaten. Hier in Kreuzberg hauptsächlich Grüne und SPD. Wenn man durch Moabit fährt sieht man MLPD-Plakate, die sich rein von der Optik kaum von denen der Linke abheben.

Die Zeit startete auf Twitter den Aufruf, man solle doch kreativ verschandelte Plakate abfotographieren und ihnen die Highlights schicken. Die Nachbarn von einer befreundeten WG, klingelten und verteilten Flyer für eine Linkeparty. Die Piratenpartei versuchte die alljährliche "Freiheit statt Angst"-Demo ein bisschen für sich zu monopolisieren und schickt täglich mehr Tweets als alle meiner anderen abbonierten Twitterleutchen zusammen.

Darunter übrigens auch die CDU und die SPD.

Das TV-Wahlduell war darum ein besonderer Schmankerl. Ich hab es schlussendlich so gemacht wie ich es gerade auch mit den WM-Quali-Deutschlandlspielen mache: Ich hab mir den Liveticker angesehen. Erspart einem viel Ärger.
(Übrigens weiß ich jetzt auch warum MTV-Klaas eingeladen worden ist: Damit seine Meinung dann von der SPD getwittert werden konnte. Nicht, dass er nicht selbst fleißig auf die Handytasten eingedrückt hätte. Hachja.)
Viel verpasst habe ich anscheinend nicht. Floskeln und eine schwache Rednerin. Aber dass Frauen generell schlechter in der Rhetorik sind, als Männer, ist leider schon fast allgemein anerkannte Wahrheit. (s.a. Bücher schreiben: blogtwitter) Einziges Gegenbeispiel ist Frau Wagenknecht, aber die hat ja auch nicht viel anderes als leere Worthülsen und Marx-Zitate, die sie unterschiedlich kombinieren muss.

Nach diesem wunderbaren Vorwort nun zum eigentlichen Geschäft. Eine subjektive Analyse der deutschen Parteienlandschaft mit den sechs medienpräsentesten Parteien (NPD is ja nich der Rede wert) in drei Akten.



Die Gesichter

Nehmen wir die CDU. Wenn ich an Angela Merkel denke, dann fallen mir spontan zwei, nein, drei Sachen ein:

1. Ich denke nicht an sie, ich denke an die ganze Beratermeute um sie herum. Nehmen wir die Pre-Kanzlerin Merkel und nehmen wir die nun-Kanzlerin Angie und vergleichen sie: Freundlicher, offener, lockerer, menschennäher, besserer Haarschnitt.... hab ich etwas vergessen? Naja. Punkt 3 nämlich, aber dazu später. Im großen und ganzen haben die Jungs und Mädls um die Kanzlerin herum gute Arbeit geleistet. Was nicht heißt, dass sie trotzdem immernoch Angela Merkel bleibt. Denn für eine Regierungszeit einer großen Koalition, war die Zeit unter Angela Merkel so ein bisschen Kuschelzeit, was?

2. Angela Merkel war die erste deutsche Bundeskanzlerin. Muss ich sofort dran denken, denn kurz nach ihrer Ernennung habe ich ein Interview mit Alice Schweitzer gelesen, die das gerade zu zelebriert hat. Was das Geschlecht mit politischem Können zu tun hat, frage ich mich heute noch.

3. Das Dekoltee. Kann gar nicht in Vergessenheit geraten. Wird ja noch Werbung mit gemacht. Wie gesagt, schlaue Berater, womit man nun wieder bei Punkt eins wäre.

Keiner dieser drei Punkte hat annähernd was mit Politik zu tun, aber ihr "Widersacher" Frank Walter Steinmeier ist... nunja. Genauso farblos.

Kommentar der Grünen bei Twitter:

gruenesteinmeier

Er bloggt, und reist und winkt und bloggt und ist allen nur in Erinnerung als der Mann, der eng mit Gerhard Schröder zusammen gearbeitet hat. Bisschen wenig, was?
Und wenn Merkels Team sie rund um die Uhr bewacht, dann ist das Steinmeierteam manchmal ein bisschen dähmlich. Und ja, das h dort, das gehört dahin.

ethorsten

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Der Rest also nicht? Aua.

Die restlichen Parteien können sich hier jetzt einfach mal einen Platz teilen. Zu Guttenberg hat zur Zeit mehr Medienpräsenz als Westerwelle. Oder Gysi oder Lafontaine. Ganz zu Schweigen (und das buchstäblich) von Künast und Trittin ("Renate und Jürgen" wie es offiziell ja heißt) und mit der Piratenpartei, da muss ich jetzt erstmal anfangen. Denn wenn man an die denkt, denke ich an eine Mischung des Chaos Computer Club, Ingenieursstudenten und diesem einen dicken Mann, den ich mal in der U-Bahn mit einem Piratenpartei-T-shirt gesehen habe.

Und siehe da, das Bild stimmt. Wenn man die Kandidatenliste so runterscrollt gibt es nur zwei Ausreisser aus diesem Gebiet: Einmal einen Dipl. Religionswissenschaftler und einen "Arbeitssuchenden", was übrigens auch eine nette Jobbeschaffungsmaßnahme ist. und nicht zwangsweise dem dicken Herrn widerspricht. Hach, herrlich. So konform sind doch nur wenige Parteien.

Die Partei an sich

Hier Wahlprogramme zu vergleichen wär vielleicht sinnvoll, aber ich hab mit dem der CDU angefangen und konnte bei der Online-Kurzzusammenfassung nach Punkt 1 nicht mehr. Erschlagen von Floskeln. Und das sechs Parteien lang? Spätestens bei den Linken wär ich gestorben. Also ein anderer Ansatz.

Was kam durch die Wahlwerbung bei mir an?

Bei der Partei CDU geht es mir ungefähr so wie bei der Person Merkel. Ich steh vor den Wahlplakaten und denk mir: Irgendwie passt das alles zusammen. Ziemlich glatt, das Ganze. Ziemlich ausgeklügelt. Mir ist dann auch heute erst der Sinn der Schreibweise teAM bei teAM Deutschland aufgefallen. Haha. Initialien, haha.
Aber die Politik er CDU, die kann man schön zusammenfassen mit einem Kommentar zum TV-Duell:

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@spreeblick

SPD: Öhm. Da gibt es eine relative linke und eine relative rechte und ein bisschen Übereinstimmung und man sieht dieses angestrengte: Wir ziehen jetzt alle an einem Strang, damit die Wahl nicht disaströs endet. Hab Kurt Beck immernoch im Hinterkopf.
Selbst das Hintergrundrot auf ihrer Website beißt sich ein bisschen mit dem Vordergrundrot. Bezeichnend irgendwie.

FDP: Wäre die FDP liberal und nicht rechts-liberal, könnte man sie wählen. Aber dass der Meerbusch-Krefeld-Kandidat auf seiner Hompage direkt als ersten Termin: "Baseballspiel in Regensburg" angegeben hatte, hat mich dann doch etwas abgeschreckt. Ich kann nichts dafür, denk ich an die FDP, denk ich an Westerwelles Solariumkosten, denk ich an Unternehmensberatungen, denke ich: "Brrr."

Grüne: Hatten mit Abstand das schlechteste Plakat. Und es anscheinend auch eingesehen, denn trotz ausgiebigen Googelns konnte ich es nicht wiederfinden. Hinten ein Fakelzug mit ausgestrecktem rechten Arm, vorne die Kandidatin mit einem selbstgeschrieben Schild, darauf stand: "Damit sie nicht gewinnen." oder so etwas in der Art. War einfach schlecht gemacht.
Ansonsten die gleiche Aussage wie vor Jahren: Mehr Umweltschutz, mehr Demokratie, weniger Krieg. Amen.

Linke:
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Nur Respekt, wenn das kein Abziehtatoo ist. Hoher politischer Aussagewert. Keine Frage.

Piratenpartei: Wo die Piratenpartei so eigentlich steht, wusste ich nicht. Also habe ich hier und da ein paar Artikel gelesen und festgestellt, dass das keiner weiß. Nicht mal sie selbst. Jedenfalls nich so richtig.
Verwunderlich ist das nicht besonders. Eine sehr junge Partei, die sich in einem Thema (relativ) einig ist und die Details jetzt im Zuge des Wahlkampfs erstmal ruhen lassen will.

Eine Taktik, die so seine Probleme mit sich bringt, wie hier und hier gut erklärt wird.

Die Piratenpartei erlebt auf jeden Fall gerade im Netz einen kleinen Hype. Etwas, das sehr schnell anstrengend werden kann. Im Moment stellen sie sich als einzige freiheitsbringende Partei dar, was ein bisschen übers Ziel hinaus geschossen ist. Trotzdem haben sie Netzpolitik zu einem wichtigen öffentlichen Thema gemacht, etwas, das mir als intensiven Internetbenutzer am Herzen liegt.

Allerdings ist Piratenpartei wählen so etwas wie ein Los ziehen: Könnte ein Gewinn sein, könnte sich aber auch als totale Niete entpuppen.
Was kommt, bleibt abzuwarten


Die Politik und die Musik

Etwas, so hat mir der diesjährige Wahlkampf gezeigt, nicht unbedingt zusammengehört und zusammengehören muss. Nur die Highlights:

CDU: Wir sind wir.
Youtubekommentar, der trifft:
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Einziger Vorteil: Hat mich auf Dschingis Khan gebracht. Dschingis Khan ist kult.

Piraten: Yo-ho usw.
Wie gesagt, ein bisschen über's Ziel hinaus...

Grün: "Ihr seid doch die einzige Partei, die Gras legalisieren will. Hab ich so von meinen Kollegen gehört"
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Ach, und die SPD zieht auch mit. Jeden Tag Statements von Klaus Hoffmann, wie toll die doch nun sind. Ich musste erstmal youtuben, wer Klaus Hoffmann ist.
Das da.

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